Was hast du nach Hause genommen? Wie hast du dich gefühlt? Wie hast du das körperlich gemeistert? Wem bist du begegnet? Wie war das so spirituell für dich? Wie war es ohne Handy? Bist du wirklich ALLEINE nach Portugal geflogen?

All diese vielen Fragen, wofür man sich Antworten vorbereitet. Das, was mich am meisten verwundert, dass ich sage: Ich bin traurig, dass es nach so kurzer Zeit vorbei war und ich fühle mich einsam. Ich bin zwar zu Hause, aber ich fühle mich sehr alleine. Irgendwie fehlen mir die spirituellen Unterhaltungen, die Tiefe, die zwischen zwei Menschen in kurzer Zeit entstehen kann, wenn man das selbe Ziel vor Augen hat. Man redet nach ein paar Stunden bereits über den Tod und die grössten Ängste, über die Vergangenheit und über den Grund, warum man hier gelandet ist.

Auf dem Camino selber habe ich mich selber ausgelacht, als ich sagte: Heute bin ich "NUR" 21km gelaufen. Mein Körper brauchte etwas länger als ich dachte mit dem "gewöhnen". So richtig FIT war ich erst am 1. August, also 4 Tage bevor ich in Santiago angekommen bin. Am 31. konnte ich kaum laufen.

Das Ziel war auch der Punkt, an dem ich dachte, JETZT wär ich endlich fähig, schmerzfrei 10h zu laufen und der Camino ist fertig.

Wenn ich wieder die Chance kriegen würde, mehrere Wochen frei zu machen, würde ich nochmals einen Pilgerweg auf mich nehmen, einer, der länger geht und ich würde mein Handy wieder zu Hause lassen. Es lebt sich so wunderbar ohne Handy. Wenn man jemandem wieder begegnen soll, dann passiert es auch. Auf dem Camino verlässt man sich viel mehr auf das: was passieren soll, wird passieren! Im echten Leben muss ich mich jetzt wieder richtig zusammen nehmen, das zu glauben. Was heisst schon echtes Leben, klingt, als ob der Camino nicht echt war. Ein bisschen fühlt es sich auch so an. Als ob ich von einem Traum aufgewacht bin und es nicht realisieren kann, dass ich von Portugal nach Spanien gelaufen bin.

Ich hab oft geweint, hab mich dafür aber nicht geschämt, ich hab sogar vor den Einwohnern Spaniens geweint, wenn sie mir gefragt haben, ob ich Hilfe bräuchte. Ich habe einem Fahrradfahrer nach den Weg gefragt und habe vor ihm angefangen zu weinen. Ich hab bei einem Hotel geklingelt und gesagt, ich wolle einfach nur ein Bett und hab wieder geweint. Das war der 2.strengste Tag, der Tag, an dem ich alleine mehr als 12h unterwegs war. Die Menschen sind so freundlich und hilfsbereit, ich war so dankbar. Mir haben so viele Einwohner geholfen, mir den Weg gezeigt, mich sogar begleitet, mir über eine Kreuzung geholfen, meine Wäsche gewaschen, mir um 10 Uhr abends noch Essen serviert. Ich bin so dankbar. Alleine die Erkenntnis, dankbar zu sein, macht mir eine Freude. Man muss es einfach erkennen.

Dann habe ich eins auf dem Camino gelernt, sei es Zufall, Vorhersehung oder eine höhere Macht, man mag es nennen, wie man will. Aber das ist mir wirklich ein paar Mal wiederfahren. In allen möglichen Situationen, sei es, ich wollte eine gewisse Person nochmals treffen, ist das geschehen, danach wollte ich diese Person nochmals treffen und das ist wieder passiert. Ich habe sogar einen Schnabel und Gerdt getroffen, wie es Hape Kerkelin so schön formuliert. Ich hab mich oft so gefühlt wie er. Ein paar Menschen sind nur ein paar Stunden in mein Leben gekommen, andere ein paar Tage, einige nur ein paar Sekunden. Ich kann all die Zufälle gar nicht hier aufführen. Ich glaube einfach, dass alles irgendwie vorgesehen ist. Als ob jeder Tag vorgesehen ist, wem man heute begegnet. Man sollte einfach die kleinen Dinge im Leben erkennen und entdecken.

Ich könnte hier noch ewig weiter schreiben. Auf jeden Fall voller Euphorie würde ich jedem vorschlagen, oder empfehlen, diese eigene Entdeckungsreise zu machen. Man hat vielleicht anfangs nicht das Gefühl, dass diese 18 Tage schlussendlich genügend Zeit war. Wenn man dann aber über alles nachdenkt, hat man SOOO viel erlebt, dass es sich anfühlt, wie wenn man 3 Monate weg war. Der Körper leidet, aber wenn man sich dann nach ein paar Tagen besser fühlt, kann man auch die frische Eukalyptus-Luft einatmen und sich wirklich wohl in der Haut fühlen und man geniesst das "Alleine-Sein" in vollen Zügen. Mir ging es so.

Bereue nicht, was du getan hast, sondern was du nicht getan hast.

Meine Fotografie...

...muss nicht einzigartig sein, muss man nicht verstehen, muss man nicht hinterfragen, muss man nicht nachvollziehen können, muss man nicht bewerten. Man darf sie geniessen und träumen.